von NOEMA Tine
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18 Okt., 2022
Dear Diary, Es gibt so viele Gefühle zu fühlen und anzuschauen. Viele davon sind gern gesehen, gewollt und herbeigesehnt. Freude, Liebe, und Glück zum Beispiel Sie sind leicht und einfach und akzeptiert. Andere sind zwar nicht so geil, aber es liegt großes Potenzial in ihnen. Wie die Wut, Trauer, Angst. Nee, will man nicht wirklich, aber sie werden mehr und mehr akzeptiert, integriert und die tiefliegenden Antriebe darin können zu etwas ganz Großem werden. Dann gibt es aber auch die Gefühle, die haben in dieser neuen, shiny Welt keinen Platz. Sie werden wenn, nur hinterrücks besprochen und meist aus ebenjenem Gefühl heraus. Ich spreche von Missgunst und Neid, dear Diary! Das macht sich nicht gut im eigenen Portfolio, zuzugeben dass man neidvoll ist. Dass man neidisch auf dies und jenes schaut. „Gönn doch! Was bist du nur für eine missgünstige Bitch! Sisterhood, Baby, da hat Neid keinen Platz!!“ Tja, schade dass man die Gefühle nicht so einfach unter Kontrolle bringt, oder? Nur weil ich im Grunde denke: „darüber bin ich lange hinweg, liegt hinter mir, Hab ich nicht mehr,“ heißt es noch lange nicht, dass nicht doch irgendwo dieses hässliche Neidgefühl noch schlummert. Und gerade dann, wo du doch dachtest es lebt nicht mehr in Dir - schnappt es zu! Und das tut richtig weh, Dear Diary! So wollte ich doch gar nie sein. So bin ich doch gar nicht, oder? Hässlich, schwarz, bitter und zähflüssig schmeckt es. Nur schwer verdaulich. Ich hab nun lange drauf rumgekaut, weisst du. Und irgendwann, zwischendrin beim hin spüren und im Kopf jonglieren und Zulassen, hat es sich ins richtige Licht gesetzt: Ich habe den Neid eingeladen mich zu lehren. Mein Neid zeigt mir eigene unerfüllte Wünsche, auf schmerzhafte Weise. Ich habe verstanden dass es nichts mit den Menschen zu tun hat auf die ich bitter blickte, es hat mit einem Sehnen und Fehlen in mir zu tun. Und jeder neidvolle Fingerzeig, zeigt mir eine Stelle, wo ich schauen kann: Was fehlt mir hier? Was Wünsche ich mir? Was brauche ich? Und für mich und meinen Neid, schaue ich dann hin, wo kann ich Schrauben drehen um mein Sehnen zu sättigen? Was darf sich shiften? Wo sind vielleicht Punkte die nicht für mich arbeiten. Und so ist er mir Lehrer und Diener, mein Neid. Und ja, es kekst mich noch immer wenn er so unerwartet draufhaut. Aber es ist ein friedvollerer Keks geworden.